Für die Seniorenredaktion der Thüringer Allgemeinen habe ich einen Beitrag über den IGeL-Monitor verfasst – einer empfehlenswerten Internetplattform. Der Artikel ist, leicht gekürzt, am 21.02.2018 erschienen.
Hier mein Text mit Beispielen aus verschiedensten medizinischen Fachrichtungen:
Nutzen und Schaden Individueller Gesundheitsleistungen
Sie kennen das vermutlich: Sie sind beim Arzt und bekommen ein Infoblatt überreicht, in dem Untersuchungen oder Behandlungen aufgeführt sind, die Sie zusätzlich zu den Kassenleistungen buchen können, die sogenannten IGeL, die Individuellen Gesundheitsleistungen. Oder mitten in der Untersuchung erwähnt ihre Augenärztin, dass sie jetzt noch den Augeninnendruck messen könnte, als kostenpflichtige Vorsorgeuntersuchung für das Glaukom, den grünen Star.
Dann sollen Sie schnell entscheiden, sind möglicherweise hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, alles für Ihre Gesundheit Hilfreiche tun zu wollen und dem Zweifel, ob diese Investition Ihnen wirklich dient?
Kennen Sie den IGeL-Monitor, ein Informationsportal im Internet, in dem Nutzen und Schaden der zusätzlichen Leistungen bewertet werden? Finanziert vom Spitzenverband der Krankenkassen, werden die Empfehlungen von einem interdisziplinären Team erstellt. Ich nutze es seit Jahren für mich selbst und die Ratsuchenden in meiner Praxis.
Kürzlich stand ein Termin in einer Orthopädie-Praxis an. Ich schaute schon mal vorab im IGeL-Monitor, was es an Bewertungen für dieses Fachgebiet gibt. Acht Zusatzleistungen waren aufgeführt, von der Stoßwellentherapie bei Fersensporn, Kalkschulter oder Tennisarm über Hyaluronspritzen bei Kniearthrose bis zur Blutegeltherapie bei Kniearthrose. Interessantes Ergebnis: vier mal „tendenziell negativ“, zwei mal „unklar“, der Sport-Check war ohne Bewertung und nur ein einziges Mal „tendenziell positiv“, nämlich für die Stoßwellentherapie bei Fersensporn.
Ein anderes Beispiel: Die Professionelle Zahnreinigung erhielt das Ergebnis „unklar“. Warum? Ich lese zunächst die kurze Erklärung: Aha, die einzige Studie, die dazu gemacht wurde kann keinen sicheren Vorteil belegen – im Vergleich zu einer gründlichen Anleitung zur Zahnpflege. So war ich skeptisch, habe mich aber nach einem ausführlichen Gespräch mit meiner Zahnärztin doch dazu entschieden, weiterhin diese halbjährliche gründliche Reinigung durchführen zu lassen.
Warum erhalten so viele der bewerteten Leistungen die Einschätzung „unklar“ oder „tendenziell negativ“? Weil es nach Sichtung von Untersuchungen nicht genügend Belege dafür gibt, dass eine Behandlung wirklich messbare Verbesserungen bringt. Kommen dann noch mögliche Nebenwirkungen oder Beeinträchtigungen dazu, so wird eher abgeraten. Ein solches Beispiel ist die durchblutungsfördernde Infusionstherapie nach Hörsturz mit der Bewertung „negativ“. Statt dessen wird eher zu einer Behandlung mit Kortison geraten.
Zum Schluss noch eine der wenigen vom IGeL-Monitor empfohlenen Maßnahmen: Die Akupunktur bei Migräneprophylaxe wird mit „tendenziell positiv“ bewertet, da diese Behandlung keine ernsthaften Nebenwirkungen zu verzeichnen hat und oft zu einem selteneren Auftreten und leichteren Verlauf der Migräneanfälle führt.
Vielleicht habe ich mit diesen Beispielen Ihr Interesse für diese Informationsquelle geweckt. Falls Sie selbst keinen Internetzugang haben, so finden Sie bestimmt Menschen, die Ihnen weiterhelfen. Dann können Sie selbst nachlesen oder Sie lassen sich die Bewertung ausdrucken. Kompakt oder ausführlich, wie Sie wollen. Mit diesen Informationen können Sie, nach einem vertrauensvollen ärztlichen Gespräch, eine informierte Entscheidung treffen. Als mündige Patientin, als mündiger Patient.
Hier kommen Sie direkt zur Webseite IGeL-Monitor: